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20 Prozent weniger Austritte

Aktuelle Statistik: Mehr als 8000 Aktive in Flüchtlingshilfe

S.Hofschlaeger/pixelio.deZahlen ...Zahlen ...

Die aktuelle Statistik der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau zeigt Überraschendes: Mehr als 8.000 Frauen und Männer engagieren sich in 655 Gemeinden aktiv in der Flüchtlingshilfe. Zugleich ging die Zahl der Austritte um über 20 Prozent zurück. Traurig stimmt allein die Zahl der Bestattungen: Infolge der Alterspyramide der Deutschen steigt sie seit Jahren an.

Mehr als 8.000 Männer und Frauen engagieren sich in 655 hessen-nassauischen Kirchengemeinden in der Flüchtlingshilfe. Das ist das Ergebnis einer umfassenden Untersuchung in allen 1.151 Gemeinden der der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN), deren Ergebnisse am Freitag (15. Juli) veröffentlicht wurden. Damit sind weit über die Hälfte aller Gemeinden in der Flüchtlingsarbeit aktiv. 70 Prozent der engagierten Gemeinden arbeiten dabei in Kooperationen und Netzwerken mit diakonischen und weiteren sozialen Einrichtungen zusammen. Die Zahlen wurden zu Beginn des Jahres erhoben und nun abschließend ausgewertet.

Vor allem Sprachkurse und konkrete Hilfe in kirchlicher Flüchtlingsarbeit

Es sind dabei vor allem Sprachkurse und Deutschunterricht, die etwa ein Drittel der Aktivitäten ausmachen. Ein weiteres Drittel der Aktiven organisiert konkrete Hilfe vor Ort wie das Sammeln von Kleidern oder beteiligt sich an Runden Tischen zur besseren Integration. Mit etwa zehn Prozent folgt die Hilfe bei der Beschaffung von Wohnraum. Bemerkenswert ist auch, dass rund acht Prozent aller befragten Gemeinden bereits Erfahrungen mit Kirchenasylen besitzen. 93 haben sich damit in ihren Leitungsgremien sogar intensiv befasst und Grundsatzbeschlüsse gefasst, einen vorerst abgelehnten Asylsuchenden notfalls bei sich aufzunehmen, um eine neuerliche Prüfung des Falls zu bewirken.

Kirchenpräsident Jung: Engagement ist wichtiger Beitrag zur Integration

Der hessen-nassauische Kirchenpräsident Volker Jung würdigte das Engagement für Geflüchtete in den Gemeinden als „eindrückliches Zeichen eines gelebten Christentums mit Glauben, Herz und Verstand“. Nach Ansicht Jungs bleibt es eine dauerhafte Aufgabe der evangelischen Kirche, der Diakonie und der gesamten Gesellschaft „Hilfesuchende menschenwürdig zu behandeln und ihnen respektvoll zu begegnen“. Zudem seien in einem Land, das „ein Einwanderungsland ist, alle in Integrationsprozesse eingebunden“. Als Herausforderung sieht der Kirchenpräsident vor allem, „dass sich diejenigen, die schon da waren, und diejenigen, die neu hinzukommen, mit ihren Unterschieden respektieren, um ein solidarisches Miteinander zu leben“. Die Kirche könne sich in dieser Situation als „Anwältin wichtiger Integrationsprozesse verstehen“. Jung: „Es wäre viel gewonnen, wenn wir Unterschiedlichkeit nicht verdrängen, sondern annehmen und das gemeinsame Leben so gestalten, dass es für das Gemeinwesen Gewinn bringt. Die Gemeinden leisten mit ihrem Engagement in der Flüchtlingshilfe und allen, die vor Ort mit anpacken, einen wichtigen Beitrag. Dafür bedanke ich mich ausdrücklich.“

Austritte aus Kirche gehen um über 20 Prozent zurück

Die Untersuchung zum Thema Flüchtlinge wurde mit der turnusmäßigen Abfrage der statistischen Daten in der hessen-nassauischen Kirche für das zurückliegende Jahr 2015 durchgeführt. Auch hier gibt es erfreuliche Nachrichten. Erstmals seit 2012 sind die Kirchenaustritte wieder rückläufig. Im vergangenen Jahr kehrten mit 15.592 Evangelischen über 4.000 Mitglieder weniger der Kirche den Rücken als noch ein Jahr zuvor (2014: 19.705). Das ist ein Rückgang um über 20 Prozent. Damit nähern sich die Werte wieder den Zahlen vor dem Finanzskandal des Bistums Limburg und der Einführung eines neuen Einzugsverfahrens bei der Kirchensteuer auf Kapitalerträge an. Beides hat erkennbar -  auch bei evangelischen Kirchenmitgliedern - für Irritationen gesorgt. 2013 waren bei der EKHN zuletzt 13.702 Austritte zu verzeichnen.

Eintritte in hessen-nassauischer Kirche steigen leicht an

Leicht stieg im vergangenen Jahr mit 3.268 die Zahl der Erwachsenen an, die in die evangelische Kirche eintraten (2014: 3.153). Relativ konstant blieb die Zahl der Kindertaufen mit 11.433 (2014: 11.723) und die Zahl der Trauungen mit 3.590 (2014: 3.685). Dagegen hinterließ die demographische Entwicklung 2015 bei den 21.905 Bestattungen ihre Spuren. Sie stiegen um mehr als 1.500 gegenüber dem Vorjahreszeitraum an (2014: 20.359). Insgesamt hatte die hessen-nassauische Kirche mit Stichtag 31. Dezember 2015 damit knapp 1,61 Millionen Mitglieder (2014: 1,63 Millionen).

Chefstatistiker Grubauer: Bindung an Kirche ist bleibende Aufgabe

Der Chefstatistiker der hessen-nassauischen Kirche, Franz Grubauer, erklärte, dass es erfreulich sei, dass die Zahl der Austritte um ein Fünftel zurückgegangen ist. Angesichts sozialwissenschaftlicher Untersuchungen sei aber auch klar, dass gerade Jüngere keine so starke Bindung mehr an die Kirche wie in den vergangenen Jahrzehnten besäßen. Bei den Mitgliedern zwischen 14 und 24 Jahren kann sich nach Grubauer jeder Fünfte vorstellen, aus der Kirche auszutreten oder ist bereits dazu entschlossen, belegten weitreichende sozialwissenschaftliche Studien. Auch seien die jungen Eltern immer weniger bereit, christlichen Glauben in der Erziehung weiterzutragen. „Familie und das ganze umgebende Milieu tradieren den Glauben nicht mehr selbstverständlich. Hier liegt eine große Zukunftsaufgabe für die evangelische Kirche, den Glauben neu zu vermitteln“, erklärte Grubauer.

Hessen-Nassau folgt in etwa den bundesweiten Trends

Am Freitag hatte auch die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) die Mitgliederstatistik für das zurückliegende Jahr bekannt gegeben, die zeigt, dass die hessen-nassauische Kirche bundesweiten Trends folgt. Demnach ging die Zahl der Austritte EKD-weit im Jahr 2015 gegenüber dem Vorjahr um etwa 22 Prozent auf 210.000 zurück. Im selben Zeitraum gab es in Gliedkirchen rund 175.000 evangelische Taufen und 25.000 Neuaufnahmen. Die gegenüber dem Vorjahr insgesamt leicht rückläufige Mitgliederzahl ist auch bundesweit nicht zuletzt auf den demographischen Wandel in Deutschland zurückzuführen. Im Jahr 2015 verstarben rund 350.000 Mitglieder der evangelischen Kirche. In den Jahren zuvor lag die Zahl noch jeweils deutlich unter 300.000. Insgesamt waren im Jahr 2015 rund 22,3 Millionen Menschen Mitglied in einer der 20 evangelischen Gliedkirchen in Deutschland (2014: 22,6 Millionen).

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