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Familie als tragende Säule schützen

Kirchenpräsident zum Familien-Papier: Beziehungen verantwortungsvoll leben

Christine Glade/istockphoto.comDie Akzeptanz der Homoehe gehört zu den Hauptkritikpunkten am Familienpapier

Als Mit-Autor steht Volker Jung hinter der Familien-Orientierungshilfe der EKD. Er stellte sich aber auch den umstrittenen Punkten des Papiers und erklärte dabei das Ziel.

EKHNEKHN-Kirchenpräsident Volker Jung verteidigt das Familienpapier

Die Erwartungen an Familie und die Erfahrungen in Familien haben sich stark verändert, Familien existieren heute in sehr verschiedenen Formen. Auf diese Entwicklung hat der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) mit der Orientierungshilfe „Zwischen Autonomie und Angewiesenheit – Familie als verlässliche Gemeinschaft stärken“ im Sommer 2013 reagiert. Die Inhalte wurden heiß diskutiert. Dr. Volker Jung, Kirchenpräsident der EKHN, hat den Dialog aufgenommen und stellt sich den kritischen Punkten. Dabei erinnert er auch an das Symposium zur Orientierungshilfe zum Thema Familie, das am 28. September in Berlin stattfand.

Was werfen die Kritiker dem EKD-Familienpapier vor?

Volker Jung: Zwei Hauptkritikpunkte tauchen aus meiner Sicht immer wieder in der öffentlichen Diskussion auf. Zunächst wird dem EKD-Papier eine mangelnde theologische Grundlegung vorgeworfen. Zu fahrlässig sei mit biblischen Befunden oder reformatorischen Einsichten in Bezug auf die Ehe und die Familie umgegangen worden.

Dann konzentriert sich die Kritik an der Orientierungshilfe gerne auf das Thema der vermeintlichen Abwertung der traditionellen Ehe und Familie. Das hängt unter anderem damit zusammen, dass beispielsweise gleichgeschlechtliche Partnerschaften, sofern sie verlässlich und dauerhaft sind, im EKD-Familienpapier aufgewertet werden. Nach meiner Erfahrung ist das übrigens der emotionalste Punkt in der Debatte.

Aber ich denke, dass wir sehen müssen: Familie gibt es heute in vielen Formen. Selbstverständlich – und in großer Mehrheit – als Zusammenleben von Mutter, Vater und Kind oder Kindern. Aber es gibt auch das gleichgeschlechtliche Paar, das zusammen mit Kindern lebt. Oder es gibt das kinderlose Paar, das Angehörige pflegt.

Welche Haltung vertreten Sie zu diesen sensiblen Punkten?

Jung: Der Text, der vom Rat der EKD als Orientierungshilfe veröffentlich wurde, sollte keine ausführliche Begründung liefern, wie aus evangelischer Sicht Ehe und Familie grundsätzlich dogmatisch zu verstehen sind. Es ging darum, die Wirklichkeit in den Blick zu nehmen. Deshalb wird zunächst beschrieben, wie Ehe und Familie soziologisch und juristisch zurzeit gesehen werden. 

Der theologische Teil knüpft daran an und zeigt biblische Perspektiven auf. Dabei werden Ehe und Familie nicht als Institutionen biblisch begründet, sondern über die biblischen Werte, auf die es ankommt, wenn Menschen in Ehe und Familie miteinander leben wollen. In dem Text heißt es wörtlich: „Protestantische Theologie unterstützt das Leitbild der an Gerechtigkeit orientierten Familie, die in verlässlicher und verbindlicher Partnerschaft verantwortlich gelebt wird.“ Mit diesem Leitbild sind wir in Kirche, Diakonie und Gesellschaft herausgefordert, Menschen zu helfen, in ihren Familien auch so miteinander leben zu können: verlässlich, verbindlich, verantwortlich, partnerschaftlich und gerecht. Hier setzt das eigentliche Ziel der Orientierungshilfe an.

Der Text ist also keine Abhandlung zur innerprotestantischen Vergewisserung, sondern hat eine nach außen gerichtete Botschaft. Die Orientierungshilfe ist deshalb nicht orientierungslos, wie manche ihr vorwerfen, sondern formuliert orientierende Herausforderungen. Dazu gehört beispielsweise, für Arbeitsbedingungen zu sorgen, die Beruf und Familie leichter vereinbar miteinander machen. Dazu gehört ein noch besserer Schutz des Sonntags, damit für Familien mehr gemeinsame Zeit bleibt. Die Orientierungshilfe ist schließlich auch ein Appell an die Politik, das Thema Familie noch mehr in den Mittelpunkt zu stellen. Familienpolitik darf nicht als Anhängsel der Sozialpolitik verstanden werden, sondern sie muss tragende Säule der Sozialpolitik werden. Es ist jetzt wichtig, genau darüber viel mehr nachzudenken. 

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