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Flüchtlinge

Einige christliche Flüchtlinge fürchten sich

epdEhemalige Bewohner einer Flüchtlingsunterkunft im Interview mit epd und Multimediaredaktion: Sie sagen, sie hätten als Christen unter muslimischen Mitbewohnern gelitten.

Gilt die Religionsfreiheit auch in Flüchtlingsunterkünften? Im Oktober hatte Open Doors in deutschen Flüchtlingsheimen über religiös motivierte Übergriffen auf christliche Flüchtlinge in Deutschland berichtet. Ehemalige Bewohner einer Flüchtlingsunterkunft sagen, sie hätten als Christen unter muslimischen Mitbewohnern gelitten.

Christliche Flüchtlinge haben von Diskriminierungen in der Erstaufnahmeeinrichtung Rotenburg an der Fulda durch muslimische Flüchtlinge berichtet. Die Iraner Hamed F. (24) und Morteza G. (33) sagten dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Frankfurt am Main, sie seien als „unrein“ beschimpft und mehrfach aus den Gemeinschaftsduschen ausgesperrt worden. „Ein Unreiner darf nicht duschen“, sei er angeherrscht worden, sagte Morteza G. Er habe dies mehrmals dem Wachpersonal gemeldet, aber zur Antwort erhalten: „Wenn nichts Schlimmes passiert, können wir nichts machen.“

Flucht wegen des Glaubens und Verfolgung in Deutschland

Beide Flüchtlinge waren nach ihren Angaben im Iran zum christlichen Glauben gekommen und von dort wegen Repressalien durch die Polizei geflohen. Von vergangenem Februar bis August hätten sie in der Erstaufnahmeeinrichtung gelebt. „Am Anfang war alles gut“, sagte Hamed F. „Aber als wir anfingen, sonntags zu einem Gottesdienst zu gehen, fingen die Beschimpfungen an.“ Die Feindseligkeiten durch einige der muslimischen Mitbewohner hätten sich auch zu Tätlichkeiten gesteigert. Einem christlichen Freund sei ein Zahn ausgeschlagen, einem anderen die Hand gebrochen worden, sagte Hamed F.

Morteza G. berichtete von einem Vorfall, als er einige Mitbewohner sagen hörte, „wir schlagen die Iraner draußen“. Als er dies einem Dolmetscher mitgeteilt habe, habe der erwidert, dagegen könne er nichts machen. In der Nacht seien dann tatsächlich christliche Bewohner angegriffen worden. Beide Asylbewerber führten die Übergriffe auf christenfeindliche Einstellungen zurück. Muslimische Iraner hätten keine Probleme bekommen.

„Er trägt eine Kette wie ein Hundehalsband.“ 

Auch außerhalb der Unterkunft sei er bedroht worden, berichtete Hamed F. Beim Einkaufen im örtlichen Lebensmittelgeschäft hätten sich drei Asylbewerber über seine Halskette mit einem Kreuz mit den Worten lustig gemacht: „Er trägt eine Kette wie ein Hundehalsband.“ Als er sie darauf angesprochen habe, hätten sie entgegnet: „Wir wollen dich nicht sehen.“ Von da an habe er sich nicht mehr getraut, alleine einzukaufen. Er zeige nicht mehr seine Kreuzkette und traue sich auch in seiner neuen Unterkunft nicht zu sagen, dass er Christ sei.

„Ich habe gedacht, in Deutschland kann ich meinen Glauben frei ausüben“

Morteza G., der inzwischen mit anderen Asylbewerbern in einer Wohnung lebt, sagte ebenfalls, er habe weiterhin Angst. „Ich habe gedacht, Deutschland sei ein freies Land, wo man seinen Glauben frei leben kann“, sagte er enttäuscht. Er versuche, die Wohnung ohne Not nicht zu verlassen und nachts nicht auf die Straße zu gehen.

Kirche und Diakonie bezweifeln den Bericht von Open Doors. Viele Geschichten haben sich als übertrieben oder haltlos herausgestellt. Dennoch hat das Land Hessen reagiert.

Hier mehr über die Gewalt gegen christliche Flüchtlinge in Deutschland erfahren.

Maßnahmenkatalog gegen religiös motivierte Übergriffe

Zur Verhinderung von religiös motivierten Übergriffen in Flüchtlingsheimen haben das hessische Innen- und das Sozialministerium im Oktober einen Maßnahmenkatalog zusammengestellt. Einige wesentliche Maßnahmen sind:

  • Verbesserung der Meldekette über entsprechende Vorfälle/Einführung eines Meldebuchs. 
  • Sensibilisierung der Leitungen und der festen Mitarbeiter an den Standorten. 
  • Sensibilisierung der Polizei bezüglich des Konfliktpotenzials religiöser Übergriffe. 
  • Mitarbeiterschulungen und Informationsveranstaltungen für Flüchtlinge. 
  • Mitarbeiter mit unterschiedlicher Religionszugehörigkeit rekrutieren. 
  • Direkte Kommunikationsmöglichkeit der Flüchtlinge mit den Standortleitungen.
  • Ansprechpartner bei der Polizei benennen. 
  • Abstimmung mit Vertretern der evangelischen und katholischen Kirche. 
  • Kontakt zum Zentralrat der orientalischen Christen in Deutschland.

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