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Antisemit Luther

Zu: »Luther wäre Gesellschaftswissenschaftler«; Evangelische Sonntags-Zeitung Nr. 28.

Die in der Überschrift des Artikels referierte interessante These lässt rückfragen, im Kontext welcher Wissenschaft der promovierte Interviewte seine Position bezüglich der Begriffe »Antisemitismus« und »Antijudaismus« entwickelt. In den einschlägigen Fachdiskussionen gilt diese Distinktion mittlerweile als zumindest hinterfragbar, wenn nicht fragwürdig. Thomas Kaufmann, Verfasser der gründlichsten Studien der letzten Jahre zu dieser Thematik in Bezug auf Luther, schreibt: »Der Judenhass des Wittenberger Reformators schloss Motive ein, … die über den traditionellen christlichen Antijudaismus … hinausgehen. … Luther setzte den vormodernen Antisemitismus voraus, nahm ihn auf und trug zu seiner Verbreitung bei.« (Luthers Juden, Reclam 2014, S. 10.) Kaufmanns Professorenkollegen Andreas Pangritz, Micha Brumlik und andere haben ebenfalls Argumente beigebracht, die den Begriff »Antisemitismus« in Bezug auf Luther (ggf. modifiziert wie bei Kaufmann) rechtfertigen. Gerade weil Klaus-Rüdiger Mai »Antisemitismus« unter Bezug auf den Begriff »Blut« definiert, möge er doch in kursorischer Lektüre von Luthers sogenannten »Judenschriften« mal reflektieren, wie pervers Luther hier über »jüdisches Blut« räsoniert und übrigens auch schon »uns Deutsche« (sic! nicht nur »uns Christen«!) den Juden gegenüberstellt.

Pfarrer Dr. Lothar Triebel; Mühltal

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