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Deutschland-Besuch von Bartholomäus

Mangelnde Religionsfreiheit in Türkei beklagt

EKHNTreffen mit Bartholomäus I. (Mitte) in Frankfurt mit den evangelischen Kirchenpräsidenten Jung und Schad.

Bartholomäus I. von Konstantinopel, Oberhaupt von weltweit 300 Millionen orthodoxen Christen, hat seinen Deutschlandbesuch in Berlin fortgesetzt und vor den Regierungsspitzen die Situation für Christen in der Türkei angesprochen. Der „grüne Patriarch“, wie Bartholomäus wegen seines Umwelt-Engagements auch genannt wird, hatte bereits bei einer Begegnung mit Kirchenpräsident Volker Jung die mangelnde Religionsfreiheit am Bosporus angeprangert.

EKHNTreffen in Frankfurt: Das geistliche Oberhaupt von 300 Millionen Orthodoxen, Bartholomäus I. im Gespräch mit den evangelischen Kirchenpräsidenten Volker Jung und Christian Schad.

Bei seinem Besuch in Deutschland hat der Orthodoxe Patriarch Bartholomäus I. unter anderem Bundespräsident Joachim Gauck und Bundekanzlerin Angela Merkel getroffen. Bei den Begegnungen des geistlichen Oberhauptes von 300 Millionen orthodoxen Christen ging es laut Medienberichten vor allem um die Rolle der Religionsfreiheit in der Türkei. So sollen unter anderem die Pläne der türkischen Regierung für die Hagia Sophia in Istanbul für Irritation bei Kanzlerin Merkel gesorgt haben. Die frühere byzantinische Kirche und spätere Moschee, die derzeit ein Museum ist, soll wieder in eine Moschee zurückgebaut werden. Offizielle Stellungnahmen gab es aus Berlin dazu jedoch nicht.

Bundestagspräsident: Religionsfreiheit wird klar behindert 

Deutlicher wurde dagegen Bundestagspräsident Norbert Lammert nach seiner Begegnung mit Bartholomäus. Bei dem Zusammentreffen sei die Religionsfreiheit in der Türkei angesprochen worden. Diese sei zwar „besser sei als in früheren Jahren“ geworden. Dennoch seien nicht alle Probleme gelöst. Bartholomäus habe den nicht vorhandenen Rechtsstatus seines Patriarchats in der Türkei beklagt, die Schließung der Griechisch-Orthodoxen Hochschule in Chalki sowie die Konfiszierung von Kirchengütern durch türkische Behörden. „Die Schließung der Hochschule der Griechisch-Orthodoxen Kirche in der Türkei ist eine zentrale Behinderung der theologischen Ausbildung und damit der Religionsfreiheit“, kritisierte der Bundestagspräsident.

Ratsvorsitzender: Bedeutender ökumenischer Impulsgeber

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, würdigte bei einem Treffen mit dem Patriarchen in Berlin dessen Engagement in Umweltfragen. Bartholomäus sei „einer der bedeutendsten ökumenischen Impulsgeber“ in diesen Fragen, sagte Schneider.  Der Ökumenische Patriarch habe die Christen immer wieder daran erinnert, „dass ein nachhaltiger Umgang mit der Schöpfung eine unverzichtbare Form des Gotteslobes darstellt“, hob der EKD-Ratsvorsitzende hervor.

Kirchenpräsidenten: Theologische Hochschule in Türkei wieder öffnen

Schon am Montag hatte sich Bartholomäus in Frankfurt mit den Kirchenpräsidenten der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau sowie der Pfalz, Volker Jung und Christian Schad getroffen. Bereits dabei kam die von der türkischen Regierung geschlossene Theologische Hochschule der Orthodoxen Kirche in Chalki zur Sprache. In der Einrichtung auf der zur Türkei gehörenden Ägäis-Insel musste der Betrieb 1971 eingestellt werden. Chalki galt bis dahin als wichtiger Ausbildungsort für die Priesterschaft der gesamten Orthodoxen Kirche. „Wir wissen, wie zentral für die Orthodoxe Kirche die immer noch geschlossene Theologische Hochschule in Chalki ist, deren Bedeutung weit über die Gemeinschaft der Orthodoxen Kirchen hinaus reicht“, sagte Schad.  Jung ergänzte, dass die evangelische Kirche sich dafür einsetze, dass die Hochschule wieder eröffnet werden kann: „Wir geben die Hoffnung nicht auf, dass eines Tages dort wieder gelehrt werden darf.“

Kritik an türkischer Führung aus Hessen und der Pfalz

Jung und Schad forderten die Verwirklichung der Religionsfreiheit in der Türkei. So wie sich die evangelische Kirche beispielsweise für islamischen Religionsunterricht und islamische Theologie an den Hochschulen in Deutschland einsetze, so fordere sie auch ähnliche Schritte von der türkischen Führung. 

Ukraine: Appell zu Frieden und Versöhnung

Zudem appellierten evangelischen und orthodoxen Vertreter für verstärkte Friedensanstrengungen. Jung und Schad betonten, dass sich gerade in den Wochen der Auseinandersetzungen in der Ukraine besonderes zeige „wie grundlegend und notwendig der Ruf des Evangeliums zu Frieden und Versöhnung ist“. Die orthodoxe und die evangelische Kirche fühlten sich „vereint im Gebet für die Menschen in der Ukraine und Russland sowie in der Hoffnung auf eine friedliche Lösung der Konflikte in der Region“, sagte Jung. Nach Schad ist es „eine Herausforderung, in einer multireligiösen und -kulturellen Gesellschaft immer wieder neu Zeugnis zu geben vom christlichen Glauben, der beide Kirchen verbindet“.

Bartholomäus: Bekenntnis zur Ökumene

Zuvor hatte Bartholomäus in seinem Grußwort die ökumenische Ausrichtung und die Offenheit seiner Kirche für den Dialog mit anderen Religionen hervorgehoben. Er kündigte für den 26. Mai ein „historisches Treffen“ zwischen sich und Papst Franziskus in Jerusalem im Rahmen des Israel-Besuches des Oberhauptes der römisch-katholischen Kirche an.

Metropolit Augoustinos: Lob für Evangelische 

Bei den Treffen mit den protestantischen Vertretern würdigte zudem Metropolit Augoustinos von Deutschland (Bonn) die Rolle der evangelischen Kirche für die Griechisch Orthodoxe Kirche in der Bundesrepublik. Vor allem durch das Engagement von evangelischer Kirche und Diakonie hätten sie ihre Arbeit in Deutschland aufbauen können: „Vorher hatten wir nichts“. Daneben kündigte Augoustinos eine gemeinsame Konsultation zu theologischen Fragen an, die im kommenden Jahr in Deutschland stattfinden soll.

Hintergrund Bartholomäus I. von Konstantinopel

Bartholomäus I. gilt in spirituellen Fragen als Oberhaupt von weltweit über 300 Millionen orthodoxen Christen. Der Dienstsitz des 74 Jahre alten Geistlichen ist das Ökumenische Patriarchat von Konstantinopel in Istanbul. Durch sein Engagement in ökologischen Fragen wird er auch der "grüne Patriarch" genannt. Anlass des Besuches von Bartholomäus in Deutschland ist das 50-Jahr-Jubiläum der Griechisch-Orthodoxen Metropolie von Deutschland. In der Bundesrepublik leben über eine halbe Million griechisch-orthodoxe Christen. Durch die Wirtschaftskrise in Griechenland nimmt ihre Zahl in Deutschland derzeit deutlich zu. Im Lauf der Woche wird der Patriarch in Berlin auch mit Bundespräsident Joachim Gauck, Bundeskanzlerin Angela Merkel, dem Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland, Nikolaus Schneider, sowie hochrangigen katholischen Vertretern zusammentreffen. Durch einen früheren Studienaufenthalt in München spricht Bartholomäus auch deutsch.

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