Beschwerde bei EU-Kommission:
Für hunderttausende Menschen in Deutschland ist keine Gesundheitsversorgung in Sicht
GFF/Bernhard Leitner23.04.2024 bj Artikel: Download PDF Drucken Teilen Feedback
Denn: Die aktuellen migrationspolitischen Entwicklungen lassen befürchten: Das Koalitionsversprechen, Menschen ohne geregelten Aufenthaltsstatus endlich eine medizinische Basisversorgung zu ermöglichen, wird in dieser Legislaturperiode nicht eingelöst.
„Die EU darf nicht dabei zusehen, wie Deutschland die absoluten Grundlagen eines menschenwürdigen Lebens missachtet und Teilen der Bevölkerung de facto den Zugang zur Gesundheitsversorgung verwehrt“, betont Sarah Lincoln, Juristin bei der GFF.
Dabei garantiert die EU-Grundrechtecharta das Recht auf ärztliche Versorgung. Deutschland verstößt mit der Meldepflicht im Gesundheitswesen gegen verfassungs- und europarechtliche Vorgaben. In keinem anderen europäischen Land sind die für die Gesundheitsversorgung zuständigen staatlichen Anlaufstellen verpflichtet, Menschen ohne geregelten Aufenthaltsstatus zu melden.
Aus Angst vor Abschiedung meiden Betroffene den Arztbesuch
Menschen, die in Deutschland ohne geregelten Aufenthaltsstatus leben, haben auf dem Papier zwar einen Anspruch auf Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände. Sobald sie sich an die Sozialbehörde wenden, um den dafür erforderlichen Behandlungsschein zu erhalten, droht ihnen jedoch die Abschiebung. Die Sozialbehörde ist dazu verpflichtet, die Daten an die Ausländerbehörde zu übermitteln. Aus Angst vor einer Abschiebung meiden Betroffene den Gang zum Arzt.
Selbst Kinder erhalten keine ärztliche Behandlung
„Es ist unfassbar, dass in Deutschland hunderttausende Menschen leben, die keinen Zugang zu ärztlicher Versorgung haben. Selbst Kinder erhalten keine ärztliche Behandlung. Lebensbedrohliche und auch ansteckende Krankheiten bleiben bis zum absoluten Notfall unbehandelt“, kritisiert Janina Gach, Fachreferentin für Inlandsprogramme bei Ärzte der Welt.
Bundesregierung verschärft die Vorschriften zum Datentaustausch
Statt wie angekündigt eine zügige Reform umzusetzen und den Gesundheitsbereich von der Meldepflicht auszunehmen, verschärft die Bundesregierung die Vorschriften zum Datenaustausch im Ausländer- und Sozialrecht. Vor diesem Hintergrund legt das Bündnis seine Beschwerde von 2021 erneut bei der Europäischen Kommission vor und rügt eine Verletzung der europäischen Datenschutzvorgaben und des Rechts auf Gesundheitsversorgung.
Ohne Angst zum Arzt fordern Ärzte und zivilgesellschaftliche Organisationen
Gemeinsam mit über 80 weiteren zivilgesellschaftlichen Organisationen setzen sich die GFF und Ärzte der Welt seit 2021 mit der Kampagne GleichBeHandeln dafür ein, dass Menschen ohne Angst zum Arzt gehen können. Einwanderungskontrolle und Gesundheitsversorgung müssen von der Bundesregierung endlich getrennt behandelt werden, wie bereits von mehreren UN-Menschenrechtsausschüssen gefordert. Die Europäische Kommission hat jetzt zwölf Monate Zeit, um eine Verletzung von EU-Recht zu prüfen. Liegt ein Verstoß vor, kann die Kommission ein förmliches Vertragsverletzungsverfahren einleiten.
Beschwerde an die EU-Kommission zum Download
Informationen zur aufenthaltsrechtlichen Meldepflicht und zur Beschwerde an die EU-Kommission
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