DGB zum Arbeitsmarkt
Geflüchtete: Gut qualifiziert, schlecht bezahlt
Deutscher Gewerkschaftsbund67 Prozent der Geflüchteten mit Vollzeitjob arbeiten im Niedriglohnbereich06.08.2019 mww Artikel: Download PDF Drucken Teilen Feedback
Bundesagentur für Arbeit43 Prozent weniger
Die mittleren Bruttomonatsverdienste von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern aus Asylherkunftsländern seien um ca. 43 Prozent niedriger als die aller abhängig Beschäftigten in Vollzeit. Sie betrugen ca. 1.900 Euro brutto im Monat. Das bedeutet: Bei einer 40-Woche liege das Einkommen im Schnitt nur knapp über dem Mindestlohnniveau. Bei 67 Prozent dieser Beschäftigten lägen die Löhne sogar unter der Niedriglohnschwelle.
Tätigkeiten mit geringen Anforderungen
Der geringe Verdienst ergebe sich unter anderem aus dem niedrigen Anforderungsniveau der ausgeübten Tätikeiten. 47 Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten aus Asylherkunftsländer arbeiteten im Helfer-Bereich; in der Gesamtbevölkerung seien es nur 15 Prozent. Ein Großteil sei außerdem in Branchen mit geringer Tarifbindung und generell niedrigen Löhnen im Einsatz: in der Leiharbeit, im Gastgewerbe, im Handel bzw. der Reparatur und Instandhaltung von KfZ sowie in sonstigen Dienstleistungsberufen.
Unter Qualifikation beschäftigt
Doch warum ist das so? An fehlender formaler Qualifikation liege es nur bedingt: Eine repräsentative IAB-BAMF-SOEP Befragung habe ergeben, dass 81 Prozent derer, die eine Spezialisten- oder Expertenqualifikation haben, und 45 Prozent derer, die eine Fachqualifikation haben, nach eigener Einschätzung eine Beschäftigung unter Qualifikation ausführten.
Potenzial nutzen
Damit sich das ändere, müssten formelle und informelle Bildungs- und Beschäftigungserfahrungen besser anerkannt werden. Parallel dazu müssten Maßnahmen zur Qualifizierung und Weiterbildung auf alle potentiellen Fachkräfte ausgeweitet werden, unabhängig vom Aufenthaltsstatus. Geflüchtete und andere Drittstaatsangehörige, die sich schon in Deutschland aufhalten, seien Teil des inländischen Fachkräftepotentials und sollten nicht unter ihren Potenzialen eingesetzt und bezahlt werden.
DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach
Annelie Buntenbach, Vorstandsmitglied des Deutschen Gewerkschaftsbunds, sagt zu den aktuellen Ergebnissen: „Migranten und Geflüchtete sind auf dem Arbeitsmarkt hohen Risiken ausgesetzt: Geringe Bezahlung, eine Beschäftigung unterhalb ihrer Qualifikation, immer wieder drohende Arbeitslosigkeit, Ausbeutung und Diskriminierung sind für sie Alltag. Sie verdienen in Vollzeit ungefähr 43 Prozent weniger als andere Beschäftigte. Und sogar um diese niedrigen Löhne werden sie teilweise noch betrogen.
Diese Situation wird vom Gesetzgeber – zum Beispiel mit dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz und dem so genannten ‚Geordnete-Rückkehr-Gesetz‘ – weiter angeheizt, statt die Lage mit Qualifizierung, Ausbildung und Anerkennung von formellen und informellen Qualifikationen zu entschärfen. Das Ziel sollte gute Arbeit für alle sein, keine Sackgassen in Beschäftigungsverbote, in Niedriglohn und Arbeitslosigkeit.
Gute Arbeit bedeutet: Schutz durch Tarifverträge und gesetzliche Standards – die Arbeitnehmerrechte müssen für alle gleichermaßen gelten. Denn je erpressbarer die Menschen durch die Situation am Arbeitsmarkt sind, desto höher ist das Missbrauchspotential. Kriminelle Arbeitgeber werden das ausnutzen für Lohn- und Sozialdumping.
Eine gut geregelte Einwanderung von Fachkräften ist im Übrigen auch im Interesse unserer Wirtschaft: Geflüchtete sind Teil des inländischen Fachkräftepotentials. Da schlummern Kompetenzen, die hier dringend gebraucht werden.
Viele Geflüchtete landen auf Dauer in gering entlohnten und niedrig qualifizierten Bereichen – mit allen Konsequenzen: Erwerbs- und Altersarmut und mangelnde soziale Teilhabe. Viele müssen auch aufstocken, um überhaupt über die Runden zu kommen. Das wirkt sich natürlich auch negativ auf Integration und sozialen Zusammenhalt aus.
Der DGB setzt sich für flächendeckende Beratungsangebote, effektivere Kontrollen und den Verzicht auf eine langfristige Bindung des Aufenthaltes in Deutschland an einem individuellen Arbeitgeber ein. Geflüchtete müssen in der Lage versetzt werden, sich vor Arbeitsausbeutung zu schützen.“
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