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Umstrittene Ärzte in Heimen

Heimkinder: Rolle der Medizin sorgt für Diskussion

Imgorthand/istockphoto.com

Die Schicksale vieler Heimkinder werden weiter aufgearbeitet. Dazu entsteht derzeit neben pädagogischem Material auch ein Dokumentarfilm zur Rolle der Medizin. Zuletzt sorgten Berichte darüber für Irritationen. Die hessen-nassauische Kirche bedauert die unautorisierten Vorab-Veröffentlichungen der beauftragten Autorin, die bei vielen Unverständnis ausgelöst haben.

Hephata DiakoniezentrumBei der Suche nach Hinweisen auf in den 1950er Jahren an Heimkindern Hephatas durchgeführte Pneumoencephalographien sind mehrere Einverständniserklärungen von Erziehungsberechtigen wie diese hier entdeckt worden.Bei der Suche nach Hinweisen auf in den 1950er Jahren an Heimkindern Hephatas durchgeführte Pneumoencephalographien sind mehrere Einverständniserklärungen von Erziehungsberechtigen wie diese hier entdeckt worden.

Die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau setzt die vor fünf Jahren begonnene Aufarbeitung der Geschichte der Heimkinder von 1945 bis 1975 intensiv fort. Auf der bevorstehenden hessen-nassauischen Kirchensynode vom 26. bis 28. April ist geplant, dazu pädagogisches Material, eine Wanderausstellung sowie ein Dokumentarfilm vorzustellen. Die Wiesbadener Filmemacherin Sonja Toepfer hat sich in ihrem Werk vor allem mit der Rolle der Medizin in Heimen beschäftigt. Bei den Recherchen wurde deutlich, dass das Thema in den Kreisen ehemaliger „Heimkinder“ intensiv diskutiert wird und weiter aufgearbeitet werden muss. Für ihren durch die hessen-nassauische Kirche in Auftrag gegebenen Film hat Toepfer betroffene „Heimkinder“ befragt und zugleich hochkarätige Expertinnen und Experten interviewt. Entstanden ist eine eindrückliche Schilderung der Heimsituation in den Nachkriegsjahren, die es so bisher nicht gab. Noch ist ihre Arbeit nicht abgeschlossen. 

Vorzeitige Veröffentlichungen nicht autorisiert

Nun hat die hessen-nassauische Kirche mit Bedauern zur Kenntnis genommen, dass durch die vorzeitige  und eigenmächtige Veröffentlichung einzelner Erkenntnisse durch die Autorin das kirchliche Kommunikationskonzept im Interesse der „Heimkinder“ nicht umgesetzt werden kann. Es sah zunächst neben der Vorstellung auf der Kirchensynode im April eine Tagung mit Betroffenen am 21. und 22. Juni vor und danach erst die breite Veröffentlichung. Die hessen-nassauische Kirche bedauert zutiefst, dass durch die nicht autorisierten frühzeitigen Veröffentlichungen der Filmemacherin zur Geschichte der Medizin in Heimen Irritationen bei vielen betroffenen Menschen und Mitarbeitenden der Einrichtungen ausgelöst wurden. Es ist bei diesem Thema immer die Gefahr der Re-Traumatisierung vorhanden. Sie sollte durch das sensible Kommunikationskonzept minimiert werden.

Patientenakten werden weiter aufgearbeitet

Im Zentrum des Filmes von Toepfer stehen die staatlichen Heime Kalmenhof und das Diakoniezentrum Hephata. Der Gießener Medizinhistoriker Volker Roelcke wird auf Anfrage des Hephata-Diakoniezentrums in Treysa Patientenakten des damaligen leitenden Anstaltsarztes Willi Enke sichten und bewerten. Im Fokus steht die sogenannte Pneumoencephalographie aus den 1950er Jahren, eine schmerzhafte damals vielfach in der Medizin angewandte und heute nicht mehr genutzte Methode zur Untersuchung des Gehirns. Die Ergebnisse sollen in den kommenden Monaten offengelegt werden.

Hintergrund der Aufarbeitung

Im Nachgang zur öffentlichen Bitte um Verzeihung von evangelischer Kirche und Diakonie an die Heimkinder vom 11. September 2011 bemüht sich die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau um intensive Hilfestellungen für Betroffene. Im Zentrum stehen auch vertiefte historische Recherchen, um als Institution selbst mehr über die Rolle der Heime und die Situation der „Heimkinder“ in den Jahren 1945 bis 1975 zu erfahren. Die Erkenntnisse sollen in die aktuelle pädagogische Arbeit der evangelischen Kirche einfließen. 

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