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Familienleben für Alle

Kundgebung in Wiesbaden forderte beschleunigten Familiennachzug

Familienleben für alle

„Bitte helfen Sie mir meine Familie nach Deutschland zu bringen. Ich möchte ein normales Leben führen mit meinen Kindern. Ohne meine Familie, kann ich nicht mehr leben“. Worte, die auf der gemeinsamen Kundgebung der Initiative „Familienleben für Alle“ am 2. März in Wiesbaden die Verzweiflung und Forderungen ausdrückten, die für Tausende von Flüchtlingen gelten, denen das Recht auf Familiennachzug verweigert wird.

Von Wael Deeb

Mit dem Megaphon verschafft sich ein zehnjähriger Junge aus Syrien Gehör „Warum können meine Vater und meine Mutter nicht bei mir sein? Ich kann nicht lernen, nicht schlafen, nicht essen, ich vermisse sie so sehr.“ Vor rund vier Jahren floh er allein mit seiner Schwester nach Deutschland. Seine Eltern sind zurzeit im Libanon, der Vater, der an einer schweren Knochenkrankheit leidet konnte die Strapazen der Flucht nicht auf sich nehmen.

„Wir haben sehr schnell Deutsch gelernt, damit unsere Familie nach Deutschland kommen kann, aber das hat uns bis heute nicht geholfen", sagt die ältere Schwester verzweifelt.

Kinder werden im Stich gelassen

Dabei habe die Familie der deutschen Botschaft im Libanon viele medizinische Berichte vorgelegt über die schwere Krankheit des Vaters und den schlechten psychischen Zustand des Bruders, so die junge Frau. Die Hoffnung, dass diese besonderen Umstände die Einwilligung zum Familiennachzug bewirken würde, erfüllte sich nicht. „Ich habe Teilzeit in einem Kindergarten gearbeitet, aber mein Bruder kann nicht allein sein, er hat Angstzustände und so konnte ich keine Ausbildung beginnen“, berichtet die Schwester resigniert. Isoliert von den Eltern ist das Leben in Deutschland ein Warten in Angst und Verzweiflung.

Verzögerter Familiennachzug verhindert Integration

Auch Mamdouh Malli weiß wie es ist, von der Familie gentrennt zu sein. „Ich habe zwei Kinder, die vor den Schrecken des Krieges in die Türkei geflohen sind, und seit drei Jahren auf die Entscheidung warten, dass ich sie nach Deutschland holen darf.“

Die zwölf- und 14-Jährigen müssten rund zwölf Stunden am Tag arbeiten, um die Miete zahlen zu können, so der Vater. Eine Chance auf Bildung hätten sie nicht. Mamdouhs Familie sei vor mehr als acht Monaten von der deutschen Botschaft in der Türkei befragt worden, doch bisher sei nichts passiert. „Ich habe hier schon alle Ämter aufgesucht und Anfragen an die Botschaft und das Auswärtige Amt geschickt, aber keiner kann mir eine Antwort geben, wann ich meine Kinder wiedersehen kann. „Wir haben doch das Recht mit unseren Familien zusammenzuleben, ein anständiges Leben zu führen.”

Das Leben getrennt von den Kindern und Frau stehe einer Integration deutlich im Weg. „Ich habe schnell versucht, eine Arbeit zu finden und Deutsch zu lernen, aber meine Gedanken sind ständig bei meiner Familie.“

Wie können wir reine Luft atmen während unsere Kinder schwere Kriegsluft einatmen?

Alaa Mohammad, einer der Teilnehmer der Kundgebung, findet klare Worte für das Leiden, ohne seie Familie leben zu müssen. „Wie kann ich reine Luft einatmen und meine Kinder müssen schwere Kriegsluft einatmen?“

Alaa, der 2015 nach dem Verlassen seiner Frau und seiner zweijährigen Tochter in Deutschland angekommen war, brichtet von der tragischen Situation seine Familie in seiner Heimat Syrien zurückgelassen zu haben. „Dort gibt es große Schwierigkeiten, sich die notwendigen Dinge wie Nahrung, Wasser und Medikamente zu besorgen. Das schlimmste Gefühl ist, dass ich mich total hilflos fühle. Ich kann nichts für sie tun.“

Auch Alaa hat Probleme sich bei seinem Deutschkurs zu konzentrieren. "Ich stehe immer unter großem Druck, sodass ich die Sprachprüfung B2 nicht bestanden habe. Ich wache oft nachts in Panik und Angst auf.“

Initiative Familienleben für Alle

Die Initiative wurde von Geflüchteten in Zusammenarbeit mit deutschen Freiwilligen Anfang 2018 ins Leben gerufen. Sie wollten auf die Schicksale von Familienangehörigen von Flüchtlingen mit subsidiärem Schutz aufmerksam machen. Fadi Mosilli, einer der Gründer der Initiative sagt: „Wir glauben daran, dass jeder Mensch das Recht hat, selbst zu bestimmen, wie und mit wem er sein Familienleben formt. Das ist ein Grund- und Menschenrecht. Wir leben hier, weil wir es wollen oder es müssen. Wir sind von der Beschränkung des Familiennachzugs betroffen oder haben andere Diskriminierungen erlebt oder sind privilegiert. Wir haben viele Kundgebungen in verschiedenen deutschen Städten durchgeführt, um die deutsche öffentliche Meinung auf das Leid der Flüchtlinge aufmerksam zu machen, die auf die Wiedervereinigung ihrer Familien warten."

Am 16. März findet eine große Kundgebung in Köln statt, gefolgt von Kundgebungen in verschiedenen deutschen Städten.

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