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Medizinische Flüchtlingshilfe

Lücken im medizinischen Versorgungsnetz schließen

privatThaer Abusamrah stammt aus Syrien und studiert Medizin in Deutschland. Er engagiert sich bei der Medizinischen Flüchtlingshilfe Düsseldorf.

Wie die medizinische Versorgung geflüchteter Menschen verbessert werden kann, zeigt eine Initiative der Fachschaft Medizin der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Über das Projekt sowie Hindernisse und Sprachbarrieren beim Arztbesuch berichtet der syrische Journalist Wael Deeb.

Die Übersetzung von medizinischen Diagnosen ist eines der Probleme, auf die Flüchtlinge stoßen, wenn sie einen Arzt aufsuchen. Aber Sprachkenntnisse allein helfen bei medizinischen Fachbegriffen nicht aus. Welche Hürden Geflüchtete und Ärzte zu überwinden haben, zeigen Beispiele aus der Praxis.

Einfach Wasser trinken

Mohammed Alhawri stammt aus Syrien und lebt in Altenstad, er ist Vater von drei Kindern und berichtet, warum es schwierig ist, einen Arzt in Deutschland aufzusuchen. "Meist beginne ich damit, Informationen über die Symptome meines Kindes online zu sammeln und die Begriffe dann ins Deutsche zu übersetzen. Das Problem hört aber hier nicht auf, sondern beginnt, wenn der Arzt zu erklären anfängt. In vielen Fällen nehme ich auf, was der Arzt sagt und zeige es dann meiner deutschen Freundin, um es mir in einer einfacheren Sprache übersetzen zu lassen."

Der 42-Jährige fügt hinzu, dass das Problem über die Übersetzung hinausgeht: "Es gibt auch Ärzte, die meinen, dass Flüchtlinge eine medizinische Entschuldigung für ihre Abwesenheit von Arbeits- und Integrationskursen suchen. Doch viele Flüchtlinge leiden an psychischen Schmerzen, die durch Angst und Unruhe verursacht werden und es gibt Krankheiten, die durch die neuen Lebensbedingungen und das andere Klima verursacht werden. Wenn der Arzt dann empfiehlt, wir sollen einfach mehr Wasser trinken, reicht das nicht aus." Alhawri besucht daher häufig arabische Ärzte, um das Problem zu umgehen. „Es ist jedoch nicht immer einfach, einen arabischen Arzt in der Nähe meiner Stadt zu finden."

Man muss Arzt sein

"In Deutschland muss man selbst Arzt sein, um alles zu verstehen", sagt Samia Ahmed. "Die gesundheitliche Situation in Deutschland ist das Gegenteil von dem, was ich erwartet habe. Als ich in Syrien war, habe ich nach einem Doktor gesucht, der einen Abschluss an einer deutschen Universität gemacht hat, aber heute bin ich in Deutschland und suche Ärzte, die Arabisch sprechen.“ "Bei vielen Krankheiten, wie Erkältungen oder Rückenschmerzen könne man sich noch auf die eigene Erfahrung verlassen, "aber was kann ich tun, wenn es um Psychotherapie geht“,  fragt die 34-Jährige.

Zweisprachige Auszubildende als Arzthelfer

Batoul Almasri ist 23 Jahre alt und hat ihre Ausbildung als Arzthelferin 2019 abgeschlossen. Sie hat die Erfahrung gemacht, dass die Behandlung von Flüchtlingen ohne Dolmetscher manchmal eine Verletzung seines Rechts auf angemessene Informationen über seinen Gesundheitszustand ist. "Es ist ein doppeltes Leiden für Ärzte und Flüchtlinge gleichermaßen. Der Patient kann dem Arzt nicht die korrekten Informationen mitteilen, und der Arzt kann nicht die entsprechenden Medikamente verschreiben."

Zurzeit arbeitet sie im Medizinischen Versorgungszentrum Waldeck-Wolfhagerland und sieht auch positive Entwicklungen. "Die Ankunft von Flüchtlingen in Deutschland hat Ärzten ermöglicht, eine Reihe von zweisprachigen Auszubildenden für den Beruf als Arzthelferinnen und Arzthelfer anzuwerben und das wirkt sich positiv auf die medizinische Versorgung aus", berichtet Almasri. "In meiner Arztpraxis gibt es viele Arzthelferinnen, die häufig für Patienten übersetzen, aber dies beseitigt nicht die Notwendigkeit von Übersetzerinnen und Übersetzern, die sich auf medizinische Themen spezialisiert haben."

Die Medizinische Flüchtlingshilfe

Thaer Abusamrah ist syrischer Medizinstudent und weiß, welche Tücken das deutsche Gesundheitssystem hat: „Das Hausarzt-System in Deutschland ist einigermaßen einzigartig. Das ist durch die Sprachbarriere für Menschen, die nicht hier geboren sind, alleine so gut wie nicht zu händeln.“ Aus diesem Grund hat ein Team in Düsseldorf von rund 12 Medizinstudenten ehrenamtlich dafür gesorgt, dass geflüchteten Menschen der Gang zum Arzt erleichtert wird. Abusamrah erklärt: „Wir haben verschiedene Übersetzungshilfen entwickelt, die auch den Ärzten die Kommunikation einfacher machen sollen.“ Die Medizinische Flüchtlingshilfe Düsseldorf entstand zu einem Zeitpunkt, als viele Menschen Zuflucht in Deutschland suchten – häufig erwarteten sie dort provisorische Unterkünfte und damit auch provisorische medizinische Versorgung.

"Daher haben wir uns zur Aufgabe gemacht, den rechtlichen Grundsatz, dass jedem in Deutschland lebenden Menschen eine adäquate medizinische Versorgung zusteht, durchzusetzen. Seither versuchen wir, auf unsere Weise die Lücken medizinischer Versorgung geflüchteter Menschen in Düsseldorf zu schließen. Wir sahen uns in der Lage, unsere individuelle Kompetenz als Vermittler zwischen Patient und Gesundheitssystem zu nutzen und starteten mit dem von uns konzipierten Tandem-Modell, bei dem ein Medizinstudierender und eine Dolmetscherin oder ein Dolmetscher Geflüchtete zu Arztterminen begleiten. Unsere ersten Kooperationspartner waren die Sozialarbeiter der Unterkünfte der Diakonie und des Deutschen Roten Kreuzes in Düsseldorf, die Geflüchtete an uns vermittelten."

Übersetzungssicherheit ist ein wesentlicher Bestandteil der Patientensicherheit

„Die Übersetzungssicherheit ist ein wesentlicher Bestandteil der Patientensicherheit“, sagt Joumana Miari, eine Ärztin mit Migrationshintergrund. Miari glaubt, dass es für Flüchtlinge schwierig ist, Fachübersetzer zu finden." Die Notwendigkeit eines Übersetzers ist oft dringend, aber in vielen Fällen können Flüchtlinge keine Übersetzer bezahlen, dann müssen sie Ärzte aufsuchen, die ihre Muttersprache sprechen", sagt sie. Und viele deutsche Krankenhäuser beschäftigten Ärzte unterschiedlicher Herkunft. "Dort werden verschiedene Sprachen gesprochen, die eine angemessene Behandlung erleichtern."

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