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Corona-Pandemie:

Mehr Schutz für Flüchtlinge!

pixabay

Gemeinschaftsunterkünfte in Hessen werden zunehmend zu Corona-Hotspots. Die Landesregierung sieht sich bislang nicht in der Pflicht zu handeln. Mehrere NGOs in Hessen fordern das Land auf, endlich Verantwortung für die kommunale Unterbringung von Geflüchteten zu übernehmen.

Bad Vilbel, Melsungen, Guxhagen, Niedernhausen, Frankfurt, Taunusstein, Kassel, Eschwege, Heusenstamm, Gelnhausen, Biebergemünd, Neuberg, Baunatal, Wiesbaden - in diesen hessischen Kommunen haben sich Geflüchtete in Gemeinschaftsunterkünften mit Covid-19 infiziert. Sicherlich sind mittlerweile mehr Unterkünfte hinzugekommen. Die Hessische Landesregierung sieht sich hier nicht zuständig und verweist auf das Landesaufnahmegesetz (LAG), in dem sie die Aufgaben der Unterbringung den Kommunen überlässt.

Am heutigen Donnerstag, 20.08., wird über die Novellierung dieses Gesetzes im Sozial- und Integrationspolitischen Ausschuss gesprochen. Anlass genug, in einer gemeinsamen Pressekonferenz des Hessischen Flüchtlingsrats, des Zusammenschlusses von 13 Ehrenamtsinitiativen aus dem Landkreis Offenbach und der Liga der Freien Wohlfahrtspflege Hessen e. V. bei einer Pressekonferenz in Wiesbaden erneut auf die prekäre Lage der geflüchteten Menschen in den beengten Wohnverhältnissen in Gemeinschaftsunterkünften hinzuweisen. Dort sind die allen gebotenen Abstandsregelungen nicht einzuhalten.

„Mit keiner einzigen Silbe wird dieses Thema im heute zur Debatte stehenden Gesetzentwurf erwähnt. Es gibt bis heute, nach 5 Monaten in der Pandemie, auch keine einzige Verordnung, keinen Erlass, keine Leitlinie oder Handlungsempfehlung seitens der Landesregierung zum Infektionsschutz von Bewohner*innen in Gemeinschaftsunterkünften. Das ist völlig inakzeptabel, zumal wissenschaftliche Erkenntnisse zum erhöhten Infektionsrisiko in Flüchtlingsunterkünften vorliegen und das Robert-Koch-Institut Empfehlungen für eine coronaschutzkonforme Unterbringung ausgesprochen hat”, so Lea Rosenberg vom Liga-Arbeitskreis „Armut, Migration und soziale Integration“.

„Die Landesregierung hat sich im aktuellen Koalitionsvertrag dazu verpflichtet, Flüchtlinge menschenwürdig unterzubringen. Konkret bedeutet das, Mindeststandards zur Ausgestaltung von Unterkünften zu erlassen und Gewaltschutzkonzepte verpflichtend vorzuschreiben“, betont Liga-Vorstandsvorsitzende Dr. Yasmin Alinaghi. „Der Weg der kommunalenAlleinverantwortung ist in einer solchen Pandemie von nationaler Tragweite nicht hinnehmbar. Wir brauchen dringend landesweit verbindliche Standards. Hier kann und muss das Land endlich eine aktive Rolle und Mitverantwortung übernehmen.“

Die hessischen Wohlfahrtsverbände und auch der Hessische Flüchtlingsrat setzen sich seit langem dafür ein, die Aufenthaltszeiten in sogenannten Gemeinschaftsunterkünften auf maximal ein Jahr zu begrenzen. Ein weiteres Negativbeispiel dafür, wohin die vollständige Verlagerung der Zuständigkeit für Unterbringung auf die kommunale Ebene durch das heute diskutierte Landesaufnahmegesetz führen kann, sind die Gebühren für die Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften. „Seitdem nach der letzten LAG-Novellierung die Kreise und Kommunen die Höhe der Gebühren selbst festlegen können, werden auch für Unterkünfte in sehr schlechtem Zustand und bei Mehrfachbelegung von Zimmern Gebühren erhoben, die häufig erheblich über dem ortsüblichen Mietspiegel liegen. Das ist ungerecht und steht in keinem Verhältnis”, erklärt Dr. Gerd Wendtland vom Arbeitskreis der ehrenamtlichen Flüchtlingsinitiativen im Kreis Offenbach. „An dieser Stelle muss das Gesetz dringend korrigiert werden.“

„Wir sprechen uns nicht dagegen aus, dass Menschen, die Geld verdienen, für die Unterbringung zahlen, wie alle anderen Menschen in diesem Land es auch tun müssen, aber es muss dem angemessen sein, was man dafür bekommt“, ergänzt Timmo Scherenberg vom Hessischen Flüchtlingsrat. Die Novellierung des Landesaufnahmegesetzes bietet die Chance gegenzusteuern und das, was Expert*innen aus der Flüchtlingsarbeit und aus der Wissenschaft seit langem sagen, endlich umzusetzen: Mindeststandards vorgeben, Gebühren verringern, Provisorien zeitlich begrenzen, und Wohnraum schaffen für alle, die dringend auf günstige Wohnungen angewiesen sind.

Die einzelnen Stellungnahmen zum Landesaufnahmegesetz der Flüchtlingsinitiativen im Kreis Offenbach, des Hessischen Flüchtlingsrats und der Liga der Freien Wohlfahrtspflege in Hessen e. V. finden Sie hier:

Stellungnahmen zum Download

Ansprechpersonen:
Lea Rosenberg, Liga-AK „Armut, Migration und soziale Integration“
Lea.Rosenberg@paritaet-hessen.org
Tel.: 069 - 955 262 52

Gerd Wendtland, AK der ehrenamtlichen Flüchtlingsinitiativen im Kreis Offenbach
gwendtland@fluechtlingshilfe-dietzenbach.de
Tel. 06074-812603

Timmo Scherenberg, Hessischer Flüchtlingsrat
hfr@fr-hessen.de
Tel: 0175-900 21 51

Die Liga der Freien Wohlfahrtspflege in Hessen e. V. ist der Zusammenschluss der sechs hessischen Wohlfahrtsverbände. Sie vertritt die Interessen der hilfebedürftigen und benachteiligten Menschen gegenüber der Politik ebenso, wie die Interessen ihrer Mitgliedsverbände. Mit ca. 7.300 Einrichtungen und Diensten sind die Mitgliedsverbände ein bedeutender Faktor für die Menschen, für eine soziale Infrastruktur und für die Wirtschaft in Hessen.
Nah an den Menschen und ihren Bedürfnissen wissen die rund 113.000 beruflich Beschäftigten und rund 160.000 ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Pflegeinrichtungen, Behinderteneinrichtungen, Werkstätten, Tagesstätten, Bildungsstätten, Beratungsstellen, in den Frühförderstellen, ambulanten Diensten und anderen Einrichtungen um die sozialen Belange und die realen Rahmenbedingungen in Hessen. Diese Kenntnisse bringt die Liga in die politischen Gespräche auf Landesebene und mit Verhandlungspartnern und Kostenträgern ein.

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