Kritik an Migrationspaket
Sieben Schritte für eine zukunftsfähige Flüchtlingspolitik
bowie15/Istock08.06.2020 bj Artikel: Download PDF Drucken Teilen Feedback
"Im Gegenteil. Jetzt zeigt sich, dass die darin enthaltenen Maßnahmen oft eine verheerende Wirkung auf die Betroffenen haben. Durch eine reine Symbolpolitik der Abschreckung und Abschottung wurde die Situation der Schutzsuchenden in Deutschland drastisch verschlechtert. Statt die Menschen nach schneller Prüfung des Rechtsanspruches möglichst schnell zu integrieren, werden sie von Anfang an mit dem Druck zur Rückkehr konfrontiert. Bereits traumatisierte Menschen müssen in unserem Land, in welchem sie Schutz suchen, Abschiebungen mit Polizeigewalt mitansehen. Sie müssen nun noch länger in Massenunterkünften leben - und von Arbeitsverboten belegt - wird ihnen teilweise das Existenzminimum entzogen", sagt Diakonie-Präsident Ulrich Lilie.
Nachbesserungen am Fachkräfteeinwanderungsgesetz nötig
Sogar anerkannte Flüchtlinge unterliegen weiterhin einer Wohnsitzauflage und dürfen nicht ohne Genehmigung der beteiligten Kommunen umziehen. Dabei sollten diese Menschen genau dieselben Rechte wie deutsche Staatsangehörige genießen, wie es auch die Flüchtlingskonvention vorgibt. Um ein angebliches Vollzugsdefizit zu beheben, welches sich auf zweifelhafte Zahlen stützt, wird versucht, so viele Menschen wie möglich schnell und einfach außer Land zu schaffen.
"Bei Abschiebungen und Inhaftierungen zum Zwecke der Abschiebung werden Familien auseinandergerissen und Kinder in Länder geschickt, in denen diese noch nie gelebt haben. Es gab sogar Abschiebungen aus Krankenhäusern. Wissentlich werden europarechtliche Vorgaben wie das Trennungsgebot verletzt", so Lilie weiter. Das Trennungsgebot besagt, dass Abschiebehäftlinge getrennt von Strafhäftlingen und nicht in Gefängnissen untergebracht werden dürfen.
Demgegenüber verfolgt das Fachkräfteeinwanderungsgesetz als eines der wenigen aus dem Migrationspaket ein erfreuliches Ziel: dem Fachkräftebedarf in Deutschland zu entsprechen und die Einwanderung zu diesem Zwecke zu erleichtern. "Doch auch diese Regelungen sind wenig vielversprechend. Vielmehr bräuchte es konkrete Partnerschaften mit anderen Ländern, bei denen eine "Triple Win"- Perspektive für Deutschland, das beteiligte Herkunftsland und die internationalen Erwerbspersonen geschaffen wird", so Lilie.
Sieben Schritte für eine zukunftsfähige Flüchtlingspolitik
Für eine zukunftsfähige und integrierende Flüchtlingspolitik müssten aus Sicht der Diakonie nun dringend folgende sieben Schritte erfolgen:
1. Die Flüchtlingsaufnahme muss vom sogenannten Rückkehrmanagement entkoppelt und Integration von Anfang an gefördert werden. Das bedeutet: Möglichst kurze Zeiten in Aufnahmeeinrichtungen, schneller Zugang zu Arbeit, Schule und Wohnung.
2. Die Beschränkung auf reine Sachleistungen müssen aufgehoben und das Existenzminimum sichergestellt werden.
3. Die flächendeckende, unabhängige Asylverfahrensberatung im Sinne einer Rechtsberatung durch freie, (staatlich) unabhängige Träger muss wieder sichergestellt werden.
4. Die Wohnsitzauflagen sollten weitestgehend aufgehoben werden.
5. Anstelle einer Duldung zur Ausbildung und Beschäftigung sollte eine Aufenthaltserlaubnis verliehen werden. Das würde falsche öffentliche Bilder korrigieren und die rein statistische Zahl Ausreisepflichtiger verringern.
6. Bei Abschiebungen und damit verbundenen Inhaftierungen muss der Schutz der
Menschen- und Kinderrechte sichergestellt sein und die Familieneinheit gewahrt werden, Alternativen zur Abschiebehaft müssen bevorzugt werden.
7. Damit das Fachkräfteeinwanderungsgesetz wirkt, braucht es einen zusätzlichen
Baustein: Migrationspartnerschaften mit Herkunftsländern zur Gewinnung von internationalen Fachpersonen wie auch deren Ausbildung.
Sieben Schritte hin zu einer zukunftsfähigen Zukunftspolitik
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