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Jubiläumstagung am 15. Juli

Warum sich die Kirche zu Irrwegen bekannte

Agaplesion Elisabethenstift / Julia MarmahGedenktafel zur Erinnerung an die Entstehung des Darmstädter Worts im ElisabethenstiftGedenktafel zur Erinnerung an die Entstehung des "Darmstädter Worts" im Elisabethenstift

Das „Darmstädter Wort“ von 1947 gilt als epochaler Schritt in der Aufarbeitung der evangelischen Verstrickung mit dem Nationalsozialismus. Eine öffentliche Jubiläumstagung geht der Stahlkraft des Textes 75 Jahre nach seiner Veröffentlichung nach.

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Festsaal im Darmstädter Elisabethenstift, in dem das Darmstädter Wort 1947 entstand Portrait Portrait Portraitfoto

In einem epochalen Schritt bekannte sich die evangelische Kirche vor 75 Jahren zu ihrer Mitverantwortung an „Irrwegen“, die zum Nationalsozialismus führten. Die Erklärung sollte einen grundlegenden Neuanfang nach dem Zweiten Weltkrieg ermöglichen. Einer der Initiatoren des sogenannten „Darmstädter Worts“ war der erste Kirchenpräsident der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN), Martin Niemöller (1892-1984). Eine der markantesten Formulierungen lautete: „Wir sind in die Irre gegangen, als wir begannen, den Traum einer besonderen deutschen Sendung zu träumen, als ob am deutschen Wesen die Welt genesen könne.“

Jubiläumsveranstaltung mit Kirchenpräsident und Landtagsvizepräsidentin

Am 15. Juli 2022 zeichnet ab 16 Uhr eine große Jubiläumsveranstaltung die Rolle des „Darmstädter Worts“ am historischen Entstehungsort nach. In der Darmstädter Stiftskirche (Stiftsstraße 12) soll es unter der Überschrift „Irrwege verlassen – Friedenswege suchen“ auch um die Konsequenzen des Papiers gehen, die bis in die Gegenwart reichen. Erwartet werden zu der öffentlichen Tagung unter anderem der hessen-nassauische Kirchenpräsident Volker Jung, die Vizepräsidentin des Hessischen Landtags, Heike Hofmann, der Darmstädter Oberbürgermeister Jochen Partsch sowie die Generalsekretärin des Deutschen Koordinierungsrates der Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit, Ilona Klemens.

Tagung in Darmstadt als Forum des Austauschs

„Die großen politischen Herausforderungen, vor denen wir stehen – ich denke an den Krieg in der Ukraine, die Klimakrise, die Pandemie, wachsende soziale Ungleichheit, Antisemitismus und Rassismus -  bedeuten für viele Menschen in Kirche und Gesellschaft Verunsicherung und Dilemmata im Blick auf die richtigen Entscheidungen“, sagt die frühere Darmstädter Dekanin Ulrike Schmidt-Hesse, die die Vorbereitungen leitete „Wir brauchen deshalb Foren des Austauschs, die zu politischer Verantwortung ermutigen und Orientierung für heutige Wege bieten. Dazu wollen wir in Auseinandersetzung mit dem profilierten Wort von 1947 beitragen.“

 

Anmeldung zur Tagung
Die Vortrags- und Diskussionsveranstaltung zum Jubiläum des Darmstädter Worts am 15. Juli ab 16 Uhr ist öffentlich.  Anmeldungen sind bis 10. Juli unter Telefon 06151 / 1362430 und per E-Mail an winfried.kaendler@ekhn.de möglich. Einladende sind die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN), das Agaplesion Elisabethenstift, das Evangelische Dekanat Darmstadt, die Martin-Niemöller-Stiftung und das Zentrum Ökumene der EKHN.

 

Details zum Programm

Die Veranstaltung sieht ein umfangreiches Programm vor. Nach der Begrüßung am Freitag, 15. Juli um 16 Uhr durch Michael Nowotny, Geschäftsführer des Agaplesion Elisabethenstifts, Grußworten des hessen-nassauischen Kirchenpräsidenten  Volker Jung und des Darmstädter Oberbürgermeisters Jochen Partsch, einem Gebet des Darmstädter Dekans Raimund Wirth und einer Einführung von Pfarrerin Ulrike Schmidt-Hesse wird der Theologieprofessor Andreas Pangritz aus Osnabrück, Kenner des Verhältnisses von Christentum und Judentum sowie von Staat und Kirche, über Entstehung, Ziele und Wirkungen des Darmstädter Wortes sprechen.

Nach einem Abendimbiss wird die Friedenspfarrerin der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) EKHN, Sabine Müller-Langsdorf, ab 18 Uhr das Impulspapier „Kirche des gerechten Friedens“ von 2019 vorstellen, das wichtige Anliegen des Darmstädter Wortes thematisiert. Anschließend gehen die Teilnehmenden gemeinsam zum historischen Festsaal, in dem das „Darmstädter Wort“ entstand, um sich hier über Irrwege und Friedenswege auszutauschen. Ab 19 Uhr spricht Heike Hofmann, Vizepräsidentin des Hessischen Landtags, darüber, was das Darmstädter Wort der Politik sagt.

Um 19.15 Uhr schließt sich eine Diskussion zum Thema „Das Darmstädter Wort heute – aktuelle Konfliktfelder: Rassismus und Antisemitismus, Friedenspolitik, Klimakrise“ an. Hier diskutieren Pfarrerin Ilona Klemens, Generalsekretärin des Deutschen Koordinierungsrates e.V. der Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit, Pfarrer Dr. Eberhard Pausch, Studienleiter der Evangelischen Akademie Frankfurt, und Daniel Untch, Referent für Friedensbildung im Zentrum Ökumene.

Den Abschluss mit Lied und Segen gestaltet Pfarrer i.R. Michael Karg, Vorsitzender der Martin-Niemöller-Stiftung. Musikalisch gestalten Dekanatskantor Wolfgang Kleber und Mezzosopranistin Irmhild Wicking die Veranstaltung mit. Sie tragen unter anderem ein Musikstück zum Darmstädter Wort vor, das Wolfgang Kleber eigens komponiert hat.

 

Hintergrund: Darmstädter Wort

Am 8. August 1947 veröffentlichte der Bruderrat der Evangelischen Kirche in Deutschland ein „Wort zum politischen Weg unseres Volkes“, das er in Darmstadt verfasst hatte. Es ist das letzte große Wort des noch nach dem Ende des Krieges existierenden Bruderrates der Bekennenden Kirche und prangert die Irrwege des Deutschen Volkes an, die in die Katastrophe von Nationalsozialismus und Krieg führten. Es gilt als Positionspapier, das nicht nur nach innen an die Kirche gerichtet war, sondern im Sinne einer Denkschrift an das gesamte Volk. Es wollte den Deutschen, die schon vor der NS-Zeit eingeschlagenen Irrwege aufzeigen. Allerdings fehlt in dem „Darmstädter Wort“ auch ein Irrweg: Weder Antisemitismus noch Rassismus werden darin thematisiert. Das Wort kann auch heute zur kritischen Reflexion gegenwärtiger Irrwege helfen und zu neuen Schritten ermutigen: Schritte hin zu Gerechtigkeit, Frieden, Bewahrung der Schöpfung und zur Überwindung von Antisemitismus und Rassismus.

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