Palermo-Appell
Europäischer Verteilmechanismus für Bootsflüchtlinge gefordert
EKDEKD-Ratsvorsitzender Heinrich Bedford-Strohm besucht die Crew der Seenotrettng Sea-Watch.18.06.2019 bj Artikel: Download PDF Drucken Teilen Feedback
Die Hilfsbereitschaft von Städten, Kommunen und Bürgern überall in Europa ist groß. Es fehlt aber an einem europaweiten Verteilmechanismus, die im Mittelmeer geretteten Bootsflüchtlinge in der EU unterzubringen. „Wir brauchen noch in diesem Sommer eine politische Notlösung“, erklären der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirchen in Deutschland, Heinrich Bedford-Strohm, und Palermos Bürgermeister Leoluca Orlando in einer gemeinsamen Erklärung.
Diese Initiative erfährt jetzt parteiübergreifend Unterstützung. Robert Habeck, Henriette Reker, Ruprecht Polenz und Gesine Schwan greifen zusammen mit Geistlichen aus Deutschland und Schweden den Palermo-Appell auf.
Orlando und Bedford-Strohm weiter: Eine Gruppe von EU-Staaten müssen jetzt als „Koalition der Willigen“ handeln und „eine zukunftsfähige Migrationspolitik entwickeln“. Bedford-Strohm hält sich derzeit auf Sizilien auf, um sich vor Ort über kirchliche und zivilgesellschaftliche Hilfsprojekte für Geflüchtete zu informieren.
Die ganze Erklärung im Wortlaut:
Palermo-Appell
Europa hat gewählt. Die Europäische Union stellt sich in den kommenden Monaten neu auf. Gerade jetzt wollen wir denen eine Stimme geben, die derzeit im Schatten der großen Politik stehen. Denn weiterhin machen sich Menschen auf den Weg über das Mittelmeer. Migrationsbewegungen sind ein historisches Phänomen, das seine Ursprünge in dem Grundrecht der Menschen auf Mobilität hat. Auf der Suche nach besseren Lebensbedingungen. Auf der Flucht vor Krieg, Armut und Klima-Katastrophen. In Hinblick auf das zu erwartende Ansteigen der Flüchtlingsströme im Laufe des Sommers ist es für die Europäische Union unabdingbar, sich auf ihre Grundwerte zu besinnen und Lösungen für die einzelnen Staaten zu finden, mit deren Hilfe neue Todesopfer im Mittelmeer verhindert und humanitäre Kanäle geschaffen werden können, und die die Rettung von Schiffbrüchigen und Menschenleben zur Priorität macht.
Das Mittelmeer ist weiterhin die tödlichste Grenze weltweit. Über 2000 Menschen sind 2018 im Mittelmeer ertrunken. Von hunderten Toten 2019 wissen wir. Viele sterben in diesen Tagen ungesehen, ohne in den Statistiken erfasst zu sein. Europa steht jetzt vor der Wahl: Wollen wir 2019 helfen oder wegschauen?
Gemeinsam mit vielen Verantwortlichen aus Kommunen, Kirchen und der Zivilgesellschaft meinen wir:
- 2019 darf nicht zu einem verlorenen Jahr für die Seenotrettung im Mittelmeer werden.
- Die Kriminalisierung der zivilen Seenotrettung muss ein Ende haben. Jetzt!
- Seenotrettung muss auch eine staatliche Aufgabe bleiben. Was ist aus der europäischen Seenotrettung geworden? Deutschland sollte hier ein Zeichen setzen und Schiffe entsenden!
- Wir brauchen noch in diesem Sommer eine politische Notlösung, einen vorübergehenden Verteilmechanismus für Bootsflüchtlinge. Viele Städte und Kommunen in Europa wollen „Sichere Häfen“ sein! Lassen wir das Realität werden!
- Wir brauchen in der EU eine „Koalition der Willigen“, die jetzt handelt. Und eine zukunftsfähige Migrationspolitik entwickelt. Denn Menschen ertrinken lassen oder in die Lager Libyens zurückschicken, kann keine Option für Europa sein.
Die Beteiligung an der Europa-Wahl war erfreulich hoch. Wir rufen auf: Macht die fünf Punkte unserer Erklärung zum Thema! Ladet eure neugewählten Europa-Abgeordneten zu euch ein – in eure Bürgerversammlungen, Kirchengemeinden, Schulen und Sportvereine! Europa: Wir müssen reden!
Weitere Informationen zum Thema unter www.ekd.de/flucht
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