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Flüchtlinge

Wirgeser Kirchenasyl: Flüchtling darf in Deutschland bleiben

Peter BongardNoch vor wenigen Monaten hätte sich der syrische Flüchtling Khalid nicht getraut, das Pfarrhaus der Evangelischen Kirchengemeinde Wirges (im Hintergrund) zu verlassen. Nun kann er das tun: Seinem Asylantrag wurde stattgegeben, und das Kirchenasyl hat ein gutes Ende genommen.Khalid ist aus Syrien geflohen, jetzt darf er vorerst für drei Jahre hier bleiben

Monatelang hat er im Pfarrhaus beim Wirgeser Pfarrer und seiner Frau gelebt. Nach mehr als einem Jahr des Wartens und einer Abschiebung wurde der Asylantrag von Khalid nun genehmigt.

Peter BongardNoch vor wenigen Monaten hätte sich der syrische Flüchtling Khalid nicht getraut, das Pfarrhaus der Evangelischen Kirchengemeinde Wirges (im Hintergrund) zu verlassen. Nun kann er das tun: Seinem Asylantrag wurde stattgegeben, und das Kirchenasyl hat ein gutes Ende genommen.Noch vor wenigen Monaten hätte sich der syrische Flüchtling Khalid nicht getraut, das Pfarrhaus der Evangelischen Kirchengemeinde Wirges (im Hintergrund) zu verlassen. Nun kann er das tun: Seinem Asylantrag wurde stattgegeben, und das Kirchenasyl hat ein gutes Ende genommen.

Wenn Khalid einen Streifenwagen durch seine Straße fahren sieht, reagiert er panisch. Er rennt ins Haus und versteckt sich. Dabei ist er kein Verbrecher – auch wenn es Zeiten gab, in denen er sich so gefühlt hat. Er ist ein syrischer Flüchtling, der schon einmal aus Deutschland abgeschoben wurde. Doch er kam zurück und lebte mehrere Monate im Kirchenasyl in Wirges. Jetzt hat Khalids Fluchtgeschichte ein gutes Ende genommen: Sein Asylantrag ist akzeptiert und er kann sich künftig frei bewegen – ohne Angst vor der Polizei haben zu müssen.

Vom Bürgerkrieg ins Gefängnis

Für Khalid endet damit eine Odyssee, die 2014 beginnt. Als islamistische Truppen seinen Heimatort in der Nähe von Damaskus kontrollieren, entschließt er sich zur Flucht. Die führt ihn über die Balkanroute – und nach Ungarn ins Gefängnis. Dort wird er als illegaler Einwanderer inhaftiert und unterschreibt ohne sein Wissen einen Asylantrag für das Land. Später wird ihm diese Unterschrift zum Verhängnis. 

Bevor er in die Kirche kann, holt ihn die Polizei

Nachdem er aus dem ungarischen Gefängnis entlassen wird, schafft er es schließlich doch noch bis nach Deutschland und lebt als „geduldeter Flüchtling“ ab Oktober 2014 im Westerwald. Doch die Duldung endet am 13. April 2015, und Khalid weiß, dass ihm wegen des unterschriebenen Asylantrags die Abschiebung nach Ungarn droht. Er bittet den Pfarrer der Evangelischen Kirchengemeinde Wirges, Wilfried Steinke, um Kirchenasyl. Doch bevor es dazu kommt, nehmen ihn Polizeibeamte am 14. April mit. Ein Flugzeug bringt ihn nach Ungarn. Später erzählt Khalid, dass er sich an diesem Tag wie ein Schwerverbrecher gefühlt hat.

Monate des Wartens im Pfarrhaus

Aber in Ungarn will er nicht bleiben. Also begibt er sich noch einmal auf den Weg nach Deutschland. Zwei Wochen später steht er völlig entkräftet vor dem Pfarrhaus und bittet erneut um Kirchenasyl. Alle Mitglieder des Kirchenvorstands stimmen zu und Khalid verbringt die nächsten Monate im Wirgeser Pfarrhaus. 

Das folgende Jahr ist für den syrischen Flüchtling eine Zeit der Ungewissheit, der Angst, aber auch des Hoffens. Khalid teilt das Leben und den Alltag mit Pfarrer Steinke und dessen Frau Christa; sie essen gemeinsam, reden viel; Khalid hilft im Haushalt mit. Währenddessen setzen sich Pfarrer Steinke und die Gemeindemitglieder dafür ein, dass der Flüchtling bleiben darf. Steinke ist im engen Kontakt mit den Behörden.

Nach acht Monaten darf er einen Asylantrag stellen

Ende 2015 erhält der Syrer die Erlaubnis, einen Asylantrag zu stellen. Eigentlich darf er sich nun frei im Ort bewegen, aber die Abschiebung hat ihm zugesetzt. Er traut sich immer noch nicht, das Grundstück zu verlassen. Erst Wochen später wagt er sich auf die Straße.

Am Ziel seiner Flucht ist der Syrer zu diesem Zeitpunkt noch nicht: Sein Aufenthaltsstatus ist nicht endgültig geklärt. Und was für ihn noch schlimmer ist: Seine Frau und die beiden Kinder sind noch immer in Syrien. Bei Verwandten und in Sicherheit, aber eben nicht in seiner Nähe. Fast auf den Tag nach einem Jahr, Ende April 2016, kommt dann die lang ersehnte Nachricht: Der Asylantrag ist genehmigt. Khalid darf die nächsten drei Jahre in Deutschland bleiben.

Das Warten geht weiter

Heute ist Khalid glücklich. Er lebt nun mit einem Ägypter in einer Wohnung, nicht weit vom Grundstück der Kirchengemeinde entfernt. Er hat ein Praktikum in einem regionalen Betrieb begonnen. Und auch sein größter Wunsch könnte nun wahr werden: Dass er seine Familie in die Arme schließen kann. Aber er ist realistisch und weiß, dass das noch dauern wird. Vielleicht noch ein Jahr, vielleicht zwei. Denn die Wartelisten in den Botschaften für Familienzusammenführungen sind lang.

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