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Soziales

Evangelische Kirchen befürworten islamischen Wohlfahrtsverband

guvendemir/istockphoto.com

Diakonie, Caritas und bald auch ein muslimischer Wohlfahrtverband? Wieso nicht, sagen die beiden evangelischen Kirchen in Hessen.

Patrick KosmiderBischof Martin Hein von der Evangelischen Kirche in Kurhessen-Waldeck und Diakonie-Chef Horst Rühl setzen sich für einen islamischen Wohlfahrtsverband ein.

Die beiden evangelischen Landeskirchen in Hessen haben sich für die Gründung eines islamischen Wohlfahrtsverbands stark gemacht. „Ich trete für die Gründung eines eigenständigen muslimischen Wohlfahrtsverbands ein“, sagte der kurhessische Bischof Martin Hein auf einer Fachtagung in Frankfurt am Main. Ein muslimischer Wohlfahrtsverband wäre keine Konkurrenz für die Kirchen, sondern als Kooperationspartner wünschenswert, ergänzte der hessen-nassauische Kirchenpräsident Volker Jung. An der Tagung zur „Islamischen Wohlfahrtspflege in Hessen“, die vom Zentrum für Islamische Studien an der Goethe-Universität und dem Zentrum Oekumene der hessischen Landeskirchen veranstaltet wurde, nahmen rund 30 Teilnehmer von Hochschulen, Kirchen und Diakonie, islamischen Verbänden, Gemeinden und sozialen Initiativen teil.

Gemeinsame Quelle für Sozialarbeit

Ein muslimischer Wohlfahrtsverband würde das Subsidiaritätsprinzip des deutschen Staates verwirklichen, erläuterte Hein. „Die Muslime sollten die Chance ergreifen.“ In den drei monotheistischen Religionen gebe es eine gemeinsame Quelle für Sozialarbeit, nämlich die Erfahrung der Barmherzigkeit Gottes. „Mir sind Muslime als Mitarbeiter lieber als Menschen, die nichts mit Religion anfangen können“, sagte der Bischof. Dennoch bleibe die Diakonie eine „Wesens- und Lebensäußerung der Kirche“.

Der Vorsitzende des hessischen Landesverbands des Zentralrats der Muslime, Said Barkan, stimmte zu: „Muslime sollten einen eigenen Wohlfahrtsverband gründen.“ Da Muslime dafür aber noch keine Strukturen und kein Geld hätten, solle der Staat die Anschubfinanzierung übernehmen. Der Diversity Manager der Arbeiterwohlfahrt Frankfurt, Atila Karabörklü, forderte die islamischen Verbände zu einer selbstkritischen Vorbereitung auf eine Gründung auf. Auf der anderen Seite forderte er die Kirchen auf, die soziale Arbeit in den Mittelpunkt der Diakonie zu stellen und keine Menschen aufgrund ihrer Weltanschauung von einer Beschäftigung auszuschließen.

Islamische Gemeinden leisten bereits Sozialarbeit

Der hessen-nassauische Kirchenpräsident Volker Jung betonte, dass islamische Gemeinden jetzt schon Sozialarbeit leisteten. Nun müssten sich die Muslime fragen, ob sie auch als Verband politisch handeln wollten. Wenn eine Religionsgemeinschaft den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts erwerbe, könne sie Steuern erheben und mit der Finanzierung einer Wohlfahrtsstruktur beginnen. Hinsichtlich der Mitarbeiterschaft hätten sich die Kirchen bereits konfessionell geöffnet. Nun beschäftigten sie sich mit der Frage, ob sie sich aus ihrem Selbstverständnis heraus auch Mitarbeitern anderer Religionszugehörigkeit öffnen sollten.

Diakonie will muslimischen Verband unterstützen

Der Vorstandsvorsitzende der Diakonie Hessen, Horst Rühl, betonte, auch die Muslime hätten die politische Aufgabe, den Sozialstaat weiterzuentwickeln. Die Diakonie leiste gerne Geburtshilfe für einen islamischen Wohlfahrtsverband.

Die Fachtagung sei als Neubeginn eines evangelisch-islamischen Dialogs in Hessen konzipiert, sagte der Islamreferent des Zentrums Oekumene, Andreas Herrmann. Bei dem 2006 begründeten „Tag des Dialogs“ trafen sich bis 2013 Spitzenvertreter der Landeskirchen und von Islamverbänden. Danach habe das Modell nicht mehr funktioniert, weil der türkisch-islamische Verband Ditib nicht mehr neben anderen Muslimverbänden am Tisch habe sitzen wollen. An der Fachtagung nahm neben dem Vertreter des hessischen Zentralrats der Muslime auch einer der Islamischen Religionsgemeinschaft Hessen teil, der Vertreter des Verbands Islamischer Kulturzentren war verhindert. Ditib hatte eine Teilnahme abgelehnt.

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