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Wie sieht es aus – zwei Welten unter einem Dach?

Pexels/Pixabay

VON WAEL DEEB

Es ist 18 Uhr am Abend, die Zeit für Sonnenuntergangsgebete für Adeel, einen muslimischen Mann, der im Sommer 2015 aus Pakistan nach Deutschland floh. Im Zimmer sitzt seine Frau Charlotte, die bald als evangelische Pfarrerin arbeitet und kuschelt mit ihrem erstes Kind Jonas. Jonas Augen blicken auf den Gebetsteppich während seine Ohren ein Kirchenlied hören, das seine Mutter mit warmer Stimme singt. Die Frage stellt sich, wie sieht es aus zwei Welten unter einem Dach?

Liebe überschreitet nationale und religiöse Grenzen!

Charlotte traf Adeel zum ersten Mal im Haus ihrer Familie während einer Weihnachtsfeier im Dezember 2015. Die ersten Monate 2016 lernten sie sich besser kennen und kamen schließlich zusammen. „In den ersten Augenblicken war die Frage für Charlotte: „Kann diese Beziehung funktionieren? Aber schon nach kurzer Zeit stellte sich die Frage anders: Warum sollten wir nicht zusammenleben können? Liebe überschreitet nationale und religiöse Grenzen, wenn Menschen sich tief und offen sehen und fair und gleich behandeln“, sagt sie.

Während die beiden Familien die Beziehung von Charlotte und Adeel begrüßten, hatten die beiden Partner Schwierigkeiten in ihrem weiteren sozialen Umfeld. Adeels Mitbewohner in der Flüchtlingsunterkunft glaubten, dass seine interreligiöse Ehe nicht funktionieren kann und manche Menschen aus seiner Gemeinde haben diese Beziehung von Beginn an kritisch beäugt. Selbst als er mit seinen ehemaligen Mitbewohnern in der Unterkunft die Ankunft seines ersten Kindes, Jonas, feiern wollte, verspotteten sie ihn und sagten: „Warum feierst du, wenn du ein ungläubiges Kind hast?“.Charlotte kommentiert: „Das war für uns beide sehr schmerzhaft. Es tat uns weh, einige unserer Freundschaften zu verlieren, selbst einige meiner Freunde begrüßten die Idee nicht.“

Unterschiede der Kulturen bereichern das tägliche Leben
Der Unterschied der Kulturen bereichert das tägliche Leben zwischen den beiden Partnern. Charlotte hat viele Gerichte aus der pakistanischen Küche kennengelernt. Sie lernte auch viel über islamische Feiertage und pakistanisches Leben und Ansichten, sowie über den Nationalsport Cricket. Adeel liebt mittlerweile diverse deutsche Gerichte (auch Spargel) und hat sich daran gewöhnt, dass in seiner deutschen Familie viel (auch kontrovers) diskutiert wird. Er bringt sich ein, kauft auch immer wieder bio- und fairgehandelte Produkte und beteiligt sich seit er zur Familie gehört immer am Schmücken des Weihnachtsbaums. Auch die Sprache hat sich verändert. „Wir haben zuerst Englisch gesprochen, dann lernte ich Deutsch und wir hatten lustige Momente, als wir in Missverständnisse über die Sprache gerieten“, sagt Adeel.

Alle Religionen glauben an Gott
Adeel besucht regelmäßig Gottesdienste seiner Frau und Charlotte hört ihm zu, während er Suren aus dem Koran, das heilige Buch der Muslime, rezitiert. Die beiden Partner glauben nicht, dass der Unterschied der Religion ein Hindernis für den Erfolg einer Beziehung ist. „Alle Religionen glauben an Gott, und jeder von ihnen verehrt ihn auf seine eigene Weise. Im Gegenteil, wir haben viel diskutiert und festgestellt, dass der Unterschied der Religion unser Kind toleranter und offener machen wird, dass es die gute Seite beider Religionen vertreten wird“, sagt Adeel.

Was sind schwierige Herausforderungen?
Bis vor kurzem musste Adeel auf die Entscheidung seines Asylantrags warten. Was Charlotte als eine der schwierigsten Herausforderungen in ihrer Beziehung betrachtet. „Wir hatten immer das Gefühl, dass wir unter Druck stehen und warteten auf die Gerichtsverhandlung. Das Warten hat sich auf die Beziehung ausgewirkt und trotzdem wollten wir beide, dass Adeel aus eigenen Stücken heraus und nicht aufgrund einer Hochzeit Asyl erhält. Wir wollten keine Abhängigkeiten schaffen, sondern eine gleichberechtigte Beziehung entwickeln“, sagt Charlotte

Nur mit der Liebe können die Menschen leben
Adeel, der Soziale Arbeit studiert, hält Jonas in seinen Händen, während Charlotte weiterspricht. „Wir haben Jonas, das Schönste, was aus unserer Beziehung entstehen konnte. Wir träumen davon, dass unser Kind in einem sozialen Umfeld voller Liebe und Toleranz lebt“. Adeel unterbricht das Gespräch und bestätigt, dass nur mit der Liebe Menschen leben können.

Nicht so weit von Darmstadt

Nicht so weit von Darmstadt leben Lisa, 25 Jahre alt aus Deutschland, und Sami seit einem Jahr zusammen. Die Beziehung zwischen den Partnern scheint nicht in Ordnung. „Wir sind in einer angespannten Atmosphäre und wir denken darüber nach, uns zu trennen“, sagt Sami, 26 Jahre alt, der 2015 aus Syrien nach Deutschland floh.

Er scheint nicht ganz glücklich zu sein, da er sich immer noch als völlig fremd fühlt. „Das Problem ist der Unterschied in Kultur und persönlichen Gewohnheiten, wodurch ich mich minderwertig fühle. Wir haben zwei verschiedene Erinnerungen und unterschiedliche Erfahrungen und Bedeutungen für Glück, Familie und Liebe. Er macht mich müde, der Kampf um das ganz normale Glück“, sagt Sami.

Der Unterschied im Verständnis der Geschlechterrollen war auch eines der Probleme, mit denen Sami in seiner Beziehung zu Lisa konfrontiert war. „Die Beziehung zwischen Männern und Frauen leitet sich aus der Kultur der Gesellschaft ab. In meiner Familie hatte meine Mutter ihre ganze Zeit der Erziehung von vier Kindern gewidmet, die nicht arbeiteten und keine soziale Präsenz hatten. Daher erfordert die Anerkennung der wahren Partnerschaft zwischen einem Mann und einer Frau in der Beziehung tägliche Übung und damit Anstrengung und Zeit“, sagt er

Sami glaubt, dass Liebe als Emotion zwischen Menschen verschiedener Nationalitäten und Religionen entstehen kann. Aber was das gemeinsame tägliche Leben betrifft, ist es eine große Herausforderung, die außergewöhnliche Anstrengungen erfordert.

Interkulturelle Ehe ist spannend

Interkulturelle Ehe ist spannend, immer wieder erlebt man etwas Neues sagte Hasan El Jaaran, der aus Palästina stammt. In Beirut lernte Hassan seine deutsche Frau während des Tauchunterrichts kennen, den er früher gab. 2006 zogen beide nach Deutschland.

Er sieht, dass die Sprache kein Hindernis für den Aufbau einer ausgewogenen Beziehung zu seiner Frau ist. „Es kann es aber komplizierter machen, weil man evtl. aneinander vorbei redet. Zumindest muss man bei einer interkulturellen Beziehung von Anfang an an der gemeinsamen Kommunikation arbeiten. Diese Gefahr gibt es aber bei allen Beziehungen“, sagt Hassan. Als ausländischer Ehemann unternimmt Hassan außergewöhnliche Anstrengungen, um eine erfolgreiche Beziehung mit seiner Frau aufrechtzuerhalten. „An Beziehung muss immer gearbeitet werden. Die Person, die ins Ausland geht, hat den höheren Aufwand: eine neue Sprache, Verlust der Familie, Verlust der kulturellen und sozialen Sozialisation, Integration in Europa, Selektion, was ist mir wichtig von meiner „alten“ Kultur, was ist mir wichtig an der neuen Kultur“, sagt er.

Unterschiedliche Religion ist eine Bereicherung für Kinder

Der Unterschied in der Religion zwischen den beiden Partnern und seine Auswirkungen auf die Kindererziehung stellen für Hassan kein echtes Problem dar, aber es ist kompliziert. „Es müssen klare Absprachen vorliegen. Im Durchschnitt ist es eine Bereicherung für die Entwicklung der Kinder, aber auch für die Gesellschaft! Mir scheinen diese Kinder oft sehr frühreif, besonnen und sehr tolerant Andersartigkeit gegenüber. Sie haben von Anfang an gelernt, dass es kein Richtig oder Falsch gibt. Voraussetzung ist, das es gelingt und die Kinder nicht zwischen den Eltern und Kulturen zerrieben werden“, meint Hassan.

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Über den Autor

Wael Deeb ist syrischer Journalist. Vier Jahre studierte er in Damaskus Journalismus und arbeitete anschließend acht Jahre in seinem Beruf. Im Mai 2014 floh er aus Syrien. In Deutschland absolvierte er das C1 Sprachniveau auf Deutsch. 2018 machte er ein Praktikum bei einer Tageszeitung in der Wetterau und ein Praktikum bei der Multimedia-Redaktion im Medienhaus der EKHN. Seit 2018 arbeitet er im Redaktionskreis von www.menschen-wie-wir.de. Seit 2019 studiert Wael Deeb Soziale Arbeit an der Hochschule Darmstadt.

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