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Interner Dialog über Gemeinschaftsbeteiligung, Demokratie und der Schlamm der Flüchtlingslager

pixabay

Von Wael Deeb

Nach einem harten Arbeitstag kam ich nach Mitternacht nach Hause zurück. Die Straßen waren komplett dunkel und fast leer, bis auf einige Gesichter der Kandidaten, die aus den Wahlfahnen hervorschauten und den Beginn des Wahlkampfs für den Deutschen Bundestag ankündigten.

Keines von ihnen hat mich jemals aufgehalten, denn ich bin der Fremde hier, der in gleichem Abstand von allen steht, ich liebe Grün, Rot und Schwarz und hasse Blau von Natur aus. Ich steige auf Zehenspitzen die Treppe zu meinem Haus hinauf, damit mein Nachbar nicht aufwacht und ruhe meine Ohren von seinen Sätzen aus, die sich immer über die kulturellen Unterschiede zwischen Ankommenden und Bürger*innen und die Umgangsformen von Gästen und Besucher*innen beschweren.

Am Hauseingang vorsichtig den Briefkasten öffnen, Zeitungen und Werbeplakate in die Hand nehmen. Bei schwachem Licht kontrolliere ich sie schnell. Nichts davon hat mich angezogen, außer einer Einladung des Bürgermeisters meiner Stadt, an der Umstellung von Kabeln auf Breitband-Internet mitzuwirken. Ich freute mich darüber, aber meine Vorsicht und der Verdacht, dass die Post fälschlicherweise in meinem Briefkasten gelandet ist, verringerte das nicht. Ich rutsche mit der gleichen Vorsicht in mein Bett und sagte: „Sich beteiligen an der Gesellschaft impliziert unser tiefes Zugehörigkeitsgefühl und unseren absoluten Glauben an unsere Rolle bei deren Aufbau und Gestaltung“.

Selbstdialog über Partizipation und Zugehörigkeit

Der Selbstdialog über Partizipation und Zugehörigkeit hielt mich bis in die frühen Morgenstunden wach. In einem Versuch, der Kontrolle störender Gedanken zu entkommen, ging ich durch mein Handy mit den Nachrichten der Welt. Aufgefallen ist mir ein kurzes Video eines Interviews mit einem kleinen Mädchen, in dem sie sagt, dass sie sich sehr freut, weil sie ihren siebten Geburtstag feiert: „Ich bin vollkommen erwachsen geworden und kann eine Maske tragen“.

Alles hat sich durch das Corona-Virus verändert, aber was ist mit der Gemeinschaftsbeteiligung an der Impfung, braucht die Verantwortung, andere zu schützen, so viel Zugehörigkeit?

Ich habe mir gesagt, Gemeinschaftsbeteiligung ist vor allem das Verantwortungsbewusstsein des Einzelnen und der freiwillige Verzicht auf eine vielleicht persönliche Freiheit im Austausch für die Sicherheit der Gemeinschaft.

Ich musste aus meinem Bett rauskommen, damit ich die Gedanken klarer sehen konnte. Die Fluchterfahrung hat mich gelehrt, dass bei einem Ortswechsel manchmal auch Gedanken und vielleicht auch Gefühle wechseln können.

Gedanken an Orte machen mich besonders traurig. Vielleicht, weil das Leben der Einwanderer das Leben der Nomaden ist. Es fehlt uns an Ortskenntnis, aber was ist mit den Tausenden, die dort am Zaun zwischen der Europäischen Union und Weißrussland warten und ihrem Schicksal überlassen werden. Sie ertrinken im Schlamm der Flüchtlingslager, wo bleibt ihnen gegenüber die gesellschaftliche Verantwortung der Länder der modernen Demokratie?

Ich erinnerte mich schnell an die Antwort eines Kollegen auf meine Frage an ihn nach dem Sinn von gesellschaftlicher Teilhabe, der mir damals mit Blick auf seine eingesunkenen Augen hinter den Gläsern seiner dicken Brille sagte, dass er heute nur noch davor Angst hat irgendeine Dummheit wird zur Entfachung eines dritten Weltkriegs führen. Und als ich ihn fragte, denken Sie darüber nach, in ein anderes Land zu gehen, wenn das passieren würde, antwortete er mir zuversichtlich: „Ja in meinen Keller, wo ich Wein trinken werde, bis der Krieg vorbei ist“.

Ich bin eingeschlafen und nur durch den Arbeitsalarm aufgewacht. Ich habe keine wirkliche Lust, zur Arbeit zu gehen, aber ich habe mich an diesen berühmten Satz erinnert „Es gibt kein Recht auf Faulheit“, dann tauchte in meinem Kopf eine verwirrende Frage auf, warum gesellschaftliche Teilhabe oft rein ökonomisch betrachtet wird?

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Über den Autor

Wael Deeb ist syrischer Journalist. Vier Jahre studierte er in Damaskus Journalismus und arbeitete anschließend acht Jahre in seinem Beruf. Im Mai 2014 floh er aus Syrien. In Deutschland absolvierte er das C1 Sprachniveau auf Deutsch. 2018 machte er ein Praktikum bei einer Tageszeitung in der Wetterau und ein Praktikum bei der Multimedia-Redaktion im Medienhaus der EKHN. Seit 2018 arbeitet er im Redaktionskreis von www.menschen-wie-wir.de. Seit 2019 studiert Wael Deeb Soziale Arbeit an der Hochschule Darmstadt.

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